Feuerwehr(leben) – über Grenzen hinweg
Willi Bohlmann, Leiter der Sportwettkämpfe, wird in Halle verabschiedet
Halle. Er studierte in Moskau, lebt in den neuen Bundesländern, sein Herz schlägt für den Feuerwehrsportwettkampf, und er hat auf Europäischer Ebene viele Erfolge eingefahren – als knapp zwei Meter großer Mensch ist er auch sonst nicht zu übersehen. Die Rede ist von Willi Bohlmann, genannt „der lange Willi“. Weit vor der Wende war der heute 63-Jährige bereits den einschlägigen Feuerwehrkreisen im Westen Deutschlands bekannt – in dieser Woche prägt er letztmalig eine große Veranstaltung des Feuerwehrsports in Deutschland mit.
Die einen betrachteten Bohlmann als disziplinierten Wächter über Mannschaft und Sport, die anderen beneideten seine athletische DDR-Mannschaft. Bei der Feuerwehrolympiade 1981 in Böblingen wurden seine Feuerwehrsportler Olympiasieger. Damals gab es auch die ersten vorsichtigen West-Kontakte zu Kurt Frech aus Böblingen, Sepp Kast und Herbert Schanda aus Österreich und vielen anderen. Langjährige Freundschaften sind gewachsen. „Ich erinnere mich gut an die herzliche Aufnahme im Westen. Allerdings sorgte das bei unserer Rückkehr in die DDR für Probleme, sogar für Bestrafung. Vielleicht lag es damals aber auch am historischen Sieg über die Sowjetunion“, erinnert sich Willi Bohlmann.
Und die Erfolgssträhne sollte sich fortsetzten. Bei der Feuerwehrolympiade in Vöcklabruck 1985 gewann seine Mannschaft die Silbermedaille in der Länderwertung. Spätestens seit der Feuerwehr-Olympiade in Berlin 1993, dem ersten internationalen Feuerwehrtreffen nach der Wende, hatten sich die ostdeutschen Mannschaften auf internationalem Parkett behauptet, waren fast konkurrenzlos. Willi Bohlmann selbst erlebte hier seine persönliche Feuerwehr-Wende. „Das Team der internationalen Kampfrichter Deutschlands, des Deutschen Feuerwehrverbandes, hat mich herzlich aufgenommen. Hier haben wir alle die deutsche Einheit beispielhaft vollzogen“, meint Bohlmann nachdenklich. Seitdem arbeitet er im Fachausschuss Wettbewerbe des DFV mit.
Wir gehen in das Jahr 1973: Willi Bohlmanns Feuerwehrkarriere beginnt mit dem Studium an der Feuerwehrtechnischen Ingenieurhochschule in Moskau, 1981 wird er Leiter des DDR-Leistungszentrums Feuerwehrkampfsport in Heyrothsberge, das mit der Wende 1989 aufgelöst wird. Er und seine 30 Mitarbeiter sollen versetzt oder entlassen werden. Mit Anstrengungen und dem Goodwill einiger Kollegen gelingt es allen Mitarbeitern, ein neues Anstellungsverhältnis zu bekommen. Der gesamte Brandschutz wird umgekrempelt und wie im Westen zur Ländersache erklärt, das nötige Brandschutzgesetz aber erst nachträglich in Kraft gesetzt.
„Wir handelten monatelang ohne Rechtsgrundlagen. Ich bin immer noch begeistert, wie viele ostdeutsche Feuerwehren diesen rasanten Umschwung gepackt haben“, erzählt Bohlmann lächelnd und fügt hinzu: „Die vielschichtige ideelle und finanzielle Hilfsbereitschaft der alten Bundesländern hat uns damals sehr geholfen.“ 1987 wurde es still um Willi Bohlmann. Er hatte gesundheitlich zu kämpfen. Die Diagnose Hautkrebs zog zwei sehr schwere Tumoroperationen nach sich. „Was wahre Freunde – auch Feuerwehrfreunde – bedeuten, habe ich erlebt. Neben meiner Frau Anke waren sie es, die meine Psyche wieder aufrichteten und mir neuen Lebensmut gaben. Ich bin wieder gesund, habe es geschafft und gelernt familiär noch bewusster zu leben“.
Seit April 2002 ist Willi Bohlmann offiziell im Ruhestand. In Sachen Feuerwehr noch nicht. Er wird letztmalig hier in Halle, bei den Deutschen Meisterschaften, als Wettkampfleiter für die Sportwettkämpfe seiner ehrenamtlichen Aufgabe nachgehen. Der DFV wird ihn am Sonnabend in Würdigung seiner Verdienste feierlich verabschieden. Dieser Anlass ist für Willi Bohlmann Grund genug, seinen langjährigen Mitstreitern folgendes mit auf den Weg zu geben: „Jeder Entscheidung als Wertungsrichter muss die Achtung des Wettkämpfers zugrunde liegen und sollte eine korrigierende Wirkung auf dem Wettkampf haben, sollte ihn positiv beeinflussen. Vor allem aber muss Fairness immer das oberste Gebot bleiben.“
Bei der Feuerwehr-Olympiade 2005 in Varazdin, Kroatien, wird Willi Bohlmann als stellvertretender Wettkampfleiter des CTIF und Hauptwettkamprichter der Internationalen Sportwettkämpfe auf internationaler Ebene verabschiedet. Bis dahin liegt vermutlich noch ein arbeitsreiches Jahr vor dem Feuerwehr-Dipl.-Ing. aus Rostock-Warnemünde. Loni Franke