Aktuelles

Konflikte im Einsatz: Vorbereitung der Kräfte ist wichtig

9. Symposium der Stiftung „Hilfe für Helfer“ setzt erfolgreiche Ausbildungsreihe fort

Berlin/Fulda – Unter dem Schwerpunkt „Konflikte im Einsatz“ hatte die Stiftung „Hilfe für Helfer“ des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) gemeinsam mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zum 9. Symposium „Hilfe für Helferinnen und Helfer“ ins hessische Fulda eingeladen. Aus ganz Deutschland reisten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an, um sich über die verschiedenen Aspekte der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) zu informieren und die Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch zu nutzen.

DFV-Bundesgeschäftsführer Rudolf Römer dankte dem BBK für die bewährte Unterstützung des etablierten Fortbildungsangebots. „Mir ist es ein besonderes Anliegen, heute zu Ihnen zu sprechen, da es sich auch für mich um ein wichtiges Thema handelt“, wandte sich BBK-Präsident Ralph Tiesler an das Publikum. Er sicherte die weitere BBK-Unterstützung für den Themenbereich zu und benannte das Symposium als wichtigen Bestandteil der PSNV-Arbeit. „Jeder, der heute im Einsatz ist, wird mit Konflikten konfrontiert“, sagte Prof. Dr. Peter Sefrin, Vorsitzender des Beirats der Stiftung „Hilfe für Helfer“. Angesichts fast täglicher Konflikte im Einsatz sei es wichtig, die Kräfte auf solche Situationen vorzubereiten.

Beim ersten Vortrag des Tages thematisierte Polizeihauptkommissarin Michaela Hohmann-Kaddatz die Einsatznachsorge für Einsatzkräfte der Polizei im Kontext der Berliner Silvesterkrawalle. Sie beschrieb die aktuelle Struktur der Zentralen Ansprechstelle „Gewalt gegen Polizeidienstkräfte“, deren Leiterin sie ist. Auslöser für das Thema PSNV war der Anschlag am Berliner Breitscheidplatz im Dezember 2016. Im Rahmen der Einsatznachsorge nach den Silvesterkrawallen waren insgesamt 37 betroffene Dienstkräfte betreut worden. „Die Einsatzkräfte haben erzählt, dass die Gewalt ein immer größeres Ausmaß hat und man keinen Zugang mehr zu den Gewalttätern hat“, berichtete Hohmann-Kaddatz. Alle betroffenen Kräfte sind mittlerweile wieder im Dienst.

Dirk Hewig, Hessischer Landesbeauftragter für PSNV beim Deutschen Roten Kreuz, referierte zum Thema „PSNV-E während der Flutkatastrophe im Ahrtal“. Hewig erinnerte an die allgemeine Lage und ging auf die Eigenbetroffenheit von Einsatzkräften und Verantwortlichen ein. Zwei Wochen lang war im Bereitstellungsraum Nürburgring ein PSNV-Zentrum als eigener Einsatzabschnitt eingerichtet. Hier kamen rund 450 Kräfte aus 14 Bundesländern zum Einsatz. „Es war sicherlich einer der größten gemeinsam geführten Einsätze in der Geschichte der PSNV“, lautete die Bilanz des Vortragenden. „Die Zusammenarbeit innerhalb des Systems war sehr gut und vertrauensvoll“, fügte Hewig hinzu. Er resümierte, dass sich die Zusammenführung von Kräften zur Psychosozialen Notfallversorgung von Bevölkerung und Einsatzkräften in diesem Fall bewährt habe, da sich die Bedarfe vor Ort auch vermischt hatten. Aufgaben waren unter anderem die Überbringung von Todesnachrichten, Gespräche mit Betroffenen, Kontaktaufnahmen zu Personen mit besonderen Belastungen und Teilnahme an abendlichen Treffen der Bevölkerung an Versorgungspunkten. Als Herausforderung beschrieb Hewig den Aufbau der Führungsstrukturen im Bereich der PSNV-E.

Die Erfahrungen bei Auslandseinsätzen im Ukraine-Konflikt und in Westafrika in der Ebola-Epidemie standen im Mittelpunkt des Referats von Regine Reim, internationale Delegierte der Rotkreuzbewegung. 2022 war sie in der moldawischen Hauptstadt Chișinău im Einsatz. Auftrag der Rettungsdienstkräfte war hier unter anderem der Transport von vulnerablen Personen aus der Ukraine. „Wir sind nicht die Rettungs-Rambos zwischen flitzenden Kugeln an der Front“, berichtete sie. Reim beteiligte sich zudem an der Erste-Hilfe-Ausbildung für Freiwillige und dem Verteilen von Hilfsgütern. 2014/15 war sie im Ebola-Gebiet in Westafrika mit den Aufgaben Hygiene und PSNV betraut. Hierzu gehörten auch Beerdigungsrituale in Kooperation mit Muslimen und Christen. „Das müssen Helfer auch verarbeiten können“, sagte sie. Die gemeinsame Ausbildung, aber auch eine persönliche und realistische Vorbereitung der Einsatzkräfte habe hierbei geholfen.

„Tun oder Lassen? Innere Wertekonflikte im Einsatzkontext“ lautete das Thema des Fachbeitrages von BBK-Referent Volker Harks. „Wer zugibt, dass er Angst hat, hat Mut“, nannte er als Beispiel für Widerspruch und Spannung von Gegensätzen. „Die kritische Grenze ist erreicht, wenn ich selbst daran leide“, so Harks zum Mitgefühl in PSNV-Einsätzen. Anhand eines „Wertequadrates“ gab er Einschätzungen zu Eigenschaften und deren Entsprechung im Einsatz.

Erneli Martens, DFV-Bundesbeauftragte für Feuerwehrseelsorge, stellte als Leiterin der Notfallseelsorge der Feuerwehr Hamburg das Thema „Konfliktlinien im Einsatz – Wer verantwortet die Entscheidung? Wer trägt das Risiko?“ vor. Sie berichtete von der Entwicklung eines Konzepts zur PSNV für die Bevölkerung bei der Feuerwehr Hamburg anlässlich des G20-Gipfels. Martens teilte zudem ihre Erfahrungen mit weiteren belastenden Einsätzen und informierte über den jeweiligen PSNV-Einsatz unter besonderer Berücksichtigung der Sicherheit der Einsatzstelle.

Zum Abschluss des Symposiums gab es viele positive und zufriedene Rückmeldungen zur Veranstaltung an sich und der Themenauswahl im Besonderen. Das nächste Symposium findet am 16. Mai 2024 wieder im zeitlichen Zusammenhang mit der RETTmobil International in Fulda statt. Informationen werden genau wie die freigegebenen Referate des aktuellen Symposiums unter https://www.feuerwehrverband.de/dfv/hfh-vorstellung/hfh-symposien/ online zur Verfügung gestellt.